Ganghofersiedlung Regensburg

Entwicklungsplanung und Bauleitplanung für eine ehemalige Werkssiedlung von 1936-41 mit 1100 Wohneinheiten in über 300 Typenhäusern.

  • Thema

    Weiterentwicklung einer denkmalgeschützen Wohnanlage aus der NS-Zeit

  • Adresse

    Roseggerstraße, 93051 Regensburg

  • Grundstück

    21,3 ha

  • Bestand Gebäude

    ca. 46.500m² BGF in ca. 300 Gebäuden

  • Planung Gebäude

    ca. 77.500m² BGF inkl. Bestand

  • Auftraggeberin

    IGEWO GmbH & Co. Wohnungsunternehmen KG, München

  • Landschaftsplanung

    Katrin Schulze mit Martina Lewald-Brudi, München

  • Lärmschutz

    Steger und Piening, München

  • Zeitraum

    2000-2007

  • Bebauungsplan

  • Gestaltungssatzung

Geschichte

Am Nordhang des Ziegetsberges, südwestlich der Altstadt von Regensburg, ist ein umfangreiches Siedlungsensemble erhalten, das sich noch 65 Jahre nach seiner Entstehung im Originalzustand zeigt.
Als Werksiedlung der Bayerischen Flugzeugwerke wurde die Anlage im Zuge der Kriegsvorbereitungen 1937/38 durch die Bayerische Heimstätte errichtet. Sie erhielt den Namen „Göringheim“. Dem ersten Bauabschnitt der terrassenartig angelegten Bebauung mit 152 typgleichen Einzelhäusern und 76 Vierfamilienhäusern folgten bis 1941 weitere 39 Mehrfamilienhäuser. Nach Kriegsende war die Siedlung vom Flüchtlingswerk der UNO zur Unterbringung von etwa 6.000 displaced persons vorübergehend beschlagnahmt. Kriegszerstörte Häuser wurden in den 50er Jahren wieder aufgebaut, eine Nachverdichtung durch Punkthäuser erfolgte in den 60er Jahren. Als Beispiel nationalsozialistischer Siedlungspolitik wurde die Siedlung 1999 durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege als Ensemble eingetragen. Die schlechte Bausubstanz und der Modernisierungsrückstand der Häuser, der für heutige Ansprüche niedrige Ausstattungs- und Flächenstandard und die geringe wirtschaftliche Rentabilität stellten im Jahr 2000 den Fortbestand der Siedlung in Frage.

Entwicklungsplanung

Den heutigen Randbedingungen wie Lärm, Durchgangsverkehr und erhöhtem Wohnflächenbedarf wurde die unter Ensembleschutz stehende Siedlung nicht mehr gerecht. Unser städtebauliches Konzept sah entscheidende strukturelle Verbesserungen und Ergänzungen vor, wobei die historische Authentizität erhalten wird. An den Siedlungsrändern entstand eine dichte Neubebauung, im Siedlungsinneren eine kleinteilige Weiterentwicklung durch die geregelte Erweiterung der kleinen Einfamilienhäuser. Die sanierten Einzelhäuser wurden durch moderne Anbauten familiengerecht vergrößert. Dadurch entsteht eine bauliche Sekundärstruktur als ergänzender Gegensatz zur Pri-märstruktur des Bestandes, dessen Authentizität gewahrt und gestärkt wird. Die Geschosswohnungsbauten erhalten Balkon- und Terrassenzonen und die Option des Dachgeschossausbaues.
An den Siedlungsrändern haben sich die Bedingungen durch Straßenlärm und Stadtwachstum seit der Entstehungszeit grundsätzlich verändert. Daher gab es hier die umfassendsten baulichen und strukturelle Veränderungen mit geschlossener und höherer Bebauung an den belastenden Strassen.

Bebauungsplan

Nach einem intensiven Abstimmungsprozess mit der Stadt Regensburg, der Denkmalpflege, dem Naturschutz sowie der Bauherrin wurde die Planung in einem Bebauungsplan mit integrierter Grünordnung und in einem städtebaulichen Vertrag festgeschrieben.

Landschaftsplanung

Während der Gebäudebestand viele Jahrzehnte fast unverändert blieb, haben die Aussenräume ihren eigenen Charakter entwickelt: intensiv genutzte Mietergärten, grosszügige Wiesenflächen und einzigartiger Baumbestand prägten das Bild der Siedlung. Diesen Werten wurde im Grünordnungsplan Rechnung getragen. Ausgehend vom Be-stand mit fast 2.000 kartierten und bewerteten Bäumen wurde eine differenzierte Freiraumplanung entworfen. Die raumbildende Bepflanzung mit strassenweise unterschiedlichen Grossbäumen kann nach historischem Vorbild rekonstruiert werden. Viele der über 1.000 Obstbäume haben ein hohes Alter erreicht und sollten daher langfristig nachgepflanzt werden. Zusätzlich haben Streuobstwiesen den naturschutzrechtlich geforderten Ausgleich für die neue Bebauung erbracht.

Sanierungskonzept

Der Bebauungsplan wurde durch ein Sanierungskonzept ergänzt. Für die denkmalgerechte Sanierung der historischen Typenhäuser wurde ein umfassender Maßnahmenkatalog erarbeitet. Konstruktionen, Materialien, Oberflächen und Farben sind in Abstimmung mit den Denkmalbehörden festgelegt. In handwerklicher Technik werden die Häuser saniert und modernisiert, die ursprüngliche sparsame Detailausstattung wird wiederhergestellt.
Die 137 Kleinhäuser der Siedlung erhalten moderne erdgeschossige Erweiterungsmodule zwischen 40 und 70qm. Es entstehen neue familienfreundliche Grundrisse mit Bezug zu den bestehenden Hausgärten. Die Erweiterungen sind gestalterisch und räumlich klar vom Bestand abgesetzt und durch eigene Gestaltungsvorgaben definiert.

 
Bebauungsplanausschnitt
Bebauungsplanausschnitt
Erweiterungsoptionen des historischen Haustyps 1
Erweiterungsoptionen des historischen Haustyps 1
 
Franz-von-Kobell-Straße
Franz-von-Kobell-Straße
Unterschiedliche Umsetzung des Bebauungsplanes durch private Bauherren und Planer
Unterschiedliche Umsetzung des Bebauungsplanes durch private Bauherren und Planer
 
 
 
 
 
 
 
 
Haustyp 1 vor Sanierung und Erweiterung
Haustyp 1 vor Sanierung und Erweiterung
 
Plan zur Gestaltungssatzung
Plan zur Gestaltungssatzung
Anzengruberstraße
Anzengruberstraße
Paul-Heyse-straße
Paul-Heyse-straße
Richthofenstraße ca. 1940
Richthofenstraße ca. 1940
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